Hier auf dem Foto ist der Hals und der Kopf eines weißen Golden Retriever zu sehen, der mit seinen dunklen Mandelaugen fotogen in die Kamera blickt. Im Hintergrund ist eine grüne Rasenfläche mit Bäumen zu sehen.  Die Sonne scheint zwischen den Blättern hindurch. Es ist ein Spiel mit Licht und Schatten.
Das Bild zeigt das neue offzizielle Hunde für Handicaps Logo. Eine gelbe Raute, die blau umrandet ist. Mittig ist ein blauer, stilisierter Rollstuhlfahrer. Vor dem Rollstuhlfahrer sitzt ein Assistenzhund, der dem Rollstuhlfahrer seine Pfote gibt. Im oberen Bereich der Raute ist ein dicker gelber Balken, blau umrandet, mit der blauen Aufschrift "Assistenzhund". Im unteren Bereich der Raute, passend zum oberen Schriftzug der Text  "Hunde für Handicaps".
Assistenzhunde für mehr
Lebensqualität und Flexibilität!

„Man muss alles im gesellschaftlichen Geschehen wie im Privatleben nehmen: ruhig, großzügig und mit einem milden Lächeln.“
Rosa Luxemburg

Still und ruhig ist sie von uns gegangen und hat Großes hinterlassen:

Ursula "Uscha" Heiner ist am 22.03.2023 verstorben.

Vereine brauchen Führungs- und Identifikationspersonen. Menschen, die andere begeistern können, ihre Kraft zur Verfügung stellen, Widersprüche und Konflikte aushalten, Zeit investieren, Entscheidungen treffen und Verantwortung übernehmen. Uscha tat all dies. Als Mitglied und Vereinsvorsitzende (1999-2010) prägte und veränderte sie den Verein Hunde für Handicaps e.V.

Alles begann mit Bubbles:
Uscha und Hubert hatten entschieden, dass sie mit Hund leben wollten. So zog Golden Retriever-Hündin Bubbles ein. Das veränderte nicht nur das Leben von Uscha, Hubert und Bubbles, sondern einen ganzen Verein: 
Zunächst trainierte Uscha mit Bubbles zwei Jahre lang und 1999 bestanden die beiden die Prüfung zum Behinderten-Begleithund-Team. Im selben Jahr wurde Uscha Vereinsvorsitzende.

Als Vorsitzende verschob Uscha Grenzen:
Uschas Mut ist zu verdanken, dass Hunde für Handicaps e.V. Gründungsmitglied und fester Teil von Assistancedogs Europe (ADEu) wurde. Sie organisierte die erste Akkreditierung des Vereins zum Vollmitglied im europäischen Dachverband und sie holte 2003 die jährliche ADEu-Konferenz nach Berlin.
Ebenfalls 2003 lernten sich Uscha und Gayle Tufts kennen. Gayle hatte Uscha auf ihr „rotes Sofa“ im Quatsch Comedy Club eingeladen. Zwei Jahre später wurde Gayle unsere Schirmfrau und 2006 veranstalteten Gayle und Uscha zu Ehren des Vereins ein großes Benefizkonzert im Berliner Renaissancetheater. Das hat es vorher noch nie gegeben!
Inzwischen waren Uscha und Bubbles zu Medienlieblingen avanciert. In zahlreichen Interviews, Fototerminen und Homestories vertrat Uscha Hunde für Handicaps und unsere Botschaft. 2004 wurde sie für ihr Engagement zur „Botschafterin der Wärme“ gekürt, ein Ehrenamtspreis vom Verbundnetz der Wärme (VNG-Stiftung).
In Uschas Amtszeit bezogen wir das Übungsgelände in Berlin-Buch, das uns über viele Jahre als Vereinssitz und Übungsgelände diente. Dort trainierten wir, feierten aber auch Sommerfeste und hielten Versammlungen bzw. Seminare ab. Als souveräne und warmherzige Gastgeberin begrüßte und verabschiedete Uscha Mitglieder und Gäste, und sie ließ es sich nicht nehmen, Kuchen oder ihren Schichtsalat mitzubringen.

Offen und großzügig begrüßte sie aber auch Gäste bei sich zuhause: 
Mitglieder kamen zu Training, Einarbeitung oder einfach zum Essen. Ebenso hieß sie Vertreterinnen und Vertreter von unserem Vereinssponsor MARS GmbH und Gäste aus dem Ausland willkommen, um -von ihr bestens bewirtet- zu besprechen, zu verhandeln und zu vereinbaren, wie der Verein zu unterstützen und voranzubringen sei.

Einfluss und Wirken durch Vertrauen:
Unter Uschas Vorsitz gewannen der Verein an Selbstvertrauen und Selbst-bewusstsein. 2003 holte Uscha die ADEu-Konferenz nach Berlin, weil sie sich der Fähigkeiten der Mitglieder und deren Hunde sicher war. Sie war davon überzeugt, dass wir anderen europäischen Organisationen etwas bieten können.

Vielen schien das ein großes Wagnis, denn „unser Weg“, die Selbstausbildung, wurde von anderen Assistenzhund-Organisationen belächelt, kritisiert, verpönt, also schlichtweg abgelehnt. Die Trainerinnen und Trainer (vorwiegend ohne Behinderungen lebend) anderer Länder hielten es für unmöglich und indiskutabel, dass Meschen, die mit Behinderungen leben, sich selbst einen Hund ausbilden können. Dem stellte sich Uscha entgegen: Als Person, als Assistenzhundhalterin und als Vereinsvorsitzende. Kurzerhand lud sie alle nach Berlin ein. Skeptiker*innen und Kritiker*innen sollten selbst sehen, wie wir in der Selbstausbildung trainieren. Sie sollten sich selbst ein Bild machen. Das Ergebnis sprach für sich. Nach der Konferenz verstummte die Pauschalkritik und Selbstausbildung ist seither ein akzeptierter Weg zur Ausbildung eines Assistenzhund-Teams. 
Wer es bis dahin noch nicht war, konnte spätestens jetzt stolzer Teil von Hunde für Handicaps e.V. sein, dem kleinen Verein, der aus der Selbstvertretung entstanden ist, ehrenamtlich arbeitete und dennoch mit den großen, europäischen Organisationen mithalten konnte.

Uscha, die Pionierin:
Uscha war eine der ersten im Verein, die sich darauf einließ, das Training mit dem Hund von der bis dahin üblichen Lob-Strafe-Kommunikation auf Klickertraining (freies Formen) umzustellen. Beharrlich übte sie über Wochen. Bubbles sollte Verhalten anbieten, was Uscha dann mit Klick&Futter belohnen wollte. Aber getreu dem Motto: „Wenn ich nichts mache, mache ich nichts falsch“, tat der gute Hund nichts; gar nichts; null. Bubbles war überfordert und frustriert und verstand nicht, was das neue Gebaren bedeuten sollte. Übungseinheit für Übungseinheit wartete der Hund auf ein „Kommando“ von Uscha, andersrum wartete Uscha darauf, dass Bubbles irgendwie aktiv würde. Eines Tages platzte der Knoten, Bubbles überwand ihre Hemmung und bot Verhalten an. Dann ging es sehr schnell und Bubbles lernte rasch die Trainingsschritte und erreichte neue Übungsziele. Dieses erste Erfolgserlebnis, als Bubbles und Uscha ein neues Niveau von Kommunikation und Training erreichten, wirkte geradezu euphorisierend. Ihre Beharrlichkeit und Geduld zeigten, dass wir auf dem richtigen Weg waren: Nicht mit Kraft trainiert man Hunde, sondern mit Köpfchen!

Uscha erfand eine sinnvolle Nutzung für Maulkorb

Außerdem: Solange Uscha einen Daumen würde krümmen und Futter werfen können, solange würde sie Hunde trainieren. Und das tat sie! 2009 war Uscha die erste mit Behinderungen lebende Absolventin des IHK-Zertifikatslehrgangs zur „Hundeerzieherin und Verhaltensberaterin“ und nicht nur das: Uscha schloss als Lehrgangsbeste ab. Im Laufe der Jahre bildete Uscha mehrere Hunde zu Assistenzhunden aus, betreute Teams, bereitete sie auf die Assistenzhund-Team-Prüfung vor, nahm Hunde in Pension und gab Rat und Hilfe zu Hundetraining und Verhaltenstherapie.
 

Nach elf Jahren Amtszeit, in denen Uscha herausragend viel initiierte, organisierte und erreichte, zog sie sich zurück. Die Fülle der Aufgaben aber auch der Frust durch gescheiterte Initiativen und Widerstände in den eigenen Reihen, hatten sie müde gemacht. Für den Verein hat sie sich bis zur Erschöpfung und ohne Rücksicht auf ihre Gesundheit verausgabt. Hörsturz, gebrochene Wirbelkörper, Verschleiß und Blechschäden an ihrem Auto waren nur die spektakulärsten Blessuren, die sie klaglos und lächelnd hinnahm. 

Sie traute uns viel zu und verlangte sich selbst noch mehr ab. So konnten wir uns an ihr orientieren und ausrichten. Ihr Einsatz war hoch. Doch dank ihrer Überzeugung und ihrem starken sowie beharrlichen Einsatz trat Uscha für den Verein einen Trampelpfad aus, auf dem wir immer noch wandern!
Unsere Gedanken und Anteilnahme gelten Hubert Heiner, Uschas Ehemann und Lebensbegleiter.

In freundschaftlicher Erinnerung und dankbarem Gedenken,
Sabine Häcker und die Mitglieder von Hunde für Handicaps e.V.