1992 bekam ich die Diagnose , dass ich bald einen Rollstuhl benötige und Rente beantragen muss.
Was für ein Schock, da ich ein sehr aktiver Mensch bin.
Vier Jahre nach dem Tod meiner Hündin, mit der ich zwischen 1992 bis 2008 durch dick und dünn gegangen war, erfuhr ich, dass der Bruder eines Bekannten Nachwuchs bei seiner Hündin hatte und noch Welpen ein zu Hause suchten. Ich sah mir Bilder der Welpen an und da lachte mein Herz.Als klar war, dass es sich um eine größere Rasse handelte, bat ich um ein paar Tage Bedenkzeit, denn ich spielte gleichzeitig mit der Idee, mir einen Begleithund anzuschaffen.
Es folgten erste Gespräche mit dem Verein´Hunde für Handicaps , ob es sinnvoll wäre, einen Jagdhund auch als Behinderten Begleithund auszubilden. Nachdem alles geklärt war und ich auch schon einem Namen gefeilt hatte, holte ich die junge Hündin, die mir schon angenehm aufgefallen war, zu mir nach Hause. Doch schon kamen Zweifel: War es wirklich das Richtige ? Schaffe ich es, diesen Jagdhund glücklich zu machen? Zwischen durch ließ ich immer wieder graue Haare. Nicht nur, dass Rieke ein Wirbelwind war und sehr gerne mit hohem Tempo über die Felder wetzte, sondern es wurden auch gefühlte Stunden aus Minuten, die sie wegblieb. Doch dank der wöchentlich besuchten Welpenschule und sehr viel Geduld wurde aus Zweifeln schnell Freude an Rieke. Seit April 2013, als Rieke für die Welpenschule zu alt war, gehe ich mit ihr regelmäßig zum Training bei Hunde für Handicaps. Da galt es erst einmal, das Grundgehorsam zu lernen. Die Grundbegriffe wie Sitz, Platz, Bleib, Fuß usw. klappten schon hervorragend. Nur das Komm her... nun-ja, man hätte auch sagen können: Komm her oder nicht! Rieke hatte und hat ihren eigenen Willen. Jetzt musste Leinenführigkeit, Rechts, Links und das schon Erlernte gefestigt werden.
Nachdem wir etwa nach neun Monaten den kompletten Grundgehorsam erlernt hatten, fingen wir gezielt mit den Hilfeleistungen an. Spielerisch brachte ich ihr allerdings schon von Anfang an bei, verschiedene Gegenstände auseinanderzuhalten.
So konnte sie viele ihrer Spieltiere unterscheiden wie Esel, Hase, Tiger, Ball usw. Auch waren schon bald die Schuhe dran, die sie eigentlich immer als Beute ansah.
Aber sie lernte, mir die Schuhe wiederzubringen. Schon sehr früh hat sie angefangen, runtergefallene Sachen aufzuheben. Inzwischen kann Rieke unter anderem den Schlüssel, das Handy, das schnurlose Telefon, die Brieftasche und die Fernbedienung holen und mir in die Hand geben. Sie räumt die Waschmaschine aus, gibt mir die einzelnen Wäschestücke aus dem Korb in die Hand, so dass ich sie vor dem Wäschetrockner sitzend aufhängen kann. Außerdem leistet sie mir Ausziehhilfe. Deshalb darf sie inzwischen auch mit, wenn ich zum Behindertenschwimmen gehe. Sie bleibt in der Garderobe, hilft mir beim Entkleiden und ich muss keinen Fremden mehr um Hilfe bitten. Derzeit sind wir dabei, dass sie nicht nur die Tür öffnet (also mit der Pfote auf die Türklinke geht, was schon perfekt klappt), sondern diese auch wieder schließt. Später soll sie auch Schränke öffnen und schließen, Lichtschalter betätigen oder Aufzugknöpfe bedienen. Sie ist dabei, Gegenstände in einen Korb zu legen, z. B. Müll in den Müllbehälter. Das funktioniert aber noch nicht perfekt. Aber zumindest sind wir so weit, dass abends zum Schlafengehen kein Pflegedienst mehr kommen muss und auch mein Mitbewohner beruhigt schlafen gehen kann. Ich habe die freie Wahl, wann ich zu Bett gehe, denn Rieke hilft mir beim Ausziehen.
Das ist wirklich ein großes Stück selbstbestimmtes Leben. Selbst das Verlassen des Hauses, zum Einkaufen oder mal in die Bücherei gehen, macht wieder Spaß. Ich traue mich wieder alleine rauszugehen, benötigte ich doch dazu sonst immer fremde Hilfe. Jetzt steht mir Rieke zur Seite und ich fühle mich sicherer. Es war ein ziemlich langer Weg zum Begleithund, doch auch wenn es hin und wieder Rückschläge gibt, sind wir optimistisch, dass wir, das Team Rieke und Jens, die Prüfung zum Behinderten-Begleithund schaffen.
Vor allem mit Hilfe des Vereins Hunde für Handicaps, der mit seinen ehrenamtlichen Trainern wirklich alles gibt, um nicht nur Rieke, sondern auch mir wichtige Schritte beizu bringen, habe ich sehr viel dazu gelernt. Ich sehe Hunde inzwischen mit ganz anderen Augen und lerne bei jedem Training dazu. Das wichtigste jedoch ist, dass Rieke Spaß daran hat. Es macht ihr sichtlich Freude. Kommen wir auch nur in die Nähe des Trainingsplatzes, ist sie kaum noch zu halten. Zu Hause fordert sie regelrecht ihre Übungen ein. Sie ist immer sehr stolz, wenn sie wieder etwas Neues erlernt hat. Rieke ist also aus meinem Alltag nicht mehr wegzudenken, sie ist nicht nur Freundin und Weggefährtin, sondern eine echte Haushaltshilfe geworden, auch wenn es noch viel zu lernen gibt. Mit Stolz kann ich sagen, ich bin Mitglied im Verein Hunde für Handicaps und fühle mich dort sehr gut aufgehoben.
Es ist geschafft!!!
Am Donnerstag, den 26.Mai gegen 16:45 war es soweit:
Ich wurde bestimmt 50 kg leichter, so viele Steine vielen mir vom Herzen, als der Spruch kam:
„Hiermit ist die Prüfung beendet und bestanden."
So richtig kann ich es noch immer nicht fassen, drei Jahre Training ein- bis zweimal die Woche unter Anleitung und zu Hause tägliches Üben, was war das teilweise anstrengend und nervenraubend.
Dann fehlte kurz vor dem Ziel das Geld für den Endspurt.
Ich habe nicht nur eine supertolle Hündin, die mich bei der Prüfung nicht im Stich gelassen hat, sondern auch viele liebe Freunde und Bekannte, die mich hier finanziell kräftig unterstützt haben.
Es war nicht selbstverständlich, aber Rieke und Ihr ,Liebe Spender, habt mich sehr, sehr glücklich gemacht.
Wir werden jetzt als geprüftes Assistenzhund –Team hoffentlich sehr lange durchs Leben gehen.
Ich habe die perfekte Hilfe gefunden und Rieke eine tolle Aufgabe. Wir danken allen noch einmal ganz herzlich für die Hilfe.
Jens und Rieke